Nach Umwandlung der Bramscher Tuchmachergilde in eine freie Innung (1885), nutzten die Mitglieder weiterhin gemeinschaftlich den Maschinenpark und erweiterten ihre Produktionsräume auf dem Mühlenort, dem heutigen Standort des Tuchmacher Museums. Daneben unterhielten sie ihre privaten Werkstätten von unterschiedlicher Größe und Leistungsfähigkeit. Die meisten waren Familienbetriebe mit wenigen Mitarbeiter*innen. Mit Aufgabe der gemeinsamen Produktionsstätte wurden auch die privaten Werkstätten der Tuchmacher in der unmittelbaren Umgebung nicht mehr weiter betrieben.
Eine Ausnahme bildet die Werkstatt Torlage. Die Familie Torlage ist seit ca. 1600 in Bramsche als Tuchmacher nachgewiesen. Ab 1922 nutzte sie das einstöckige Gebäude am Otterkamp 8 als Wohn- und Arbeitsstätte. Im Erdgeschoß wohnte die Familie, im Obergeschoß befand sich der Webstuhl für die Produktion der Tuche.
1946 errichtete Wilhelm Hermann Torlage mit seinem Sohn Franz Rudolf Heinrich (1915–1999) eine Werkstatt im Hof des Wohnhauses. Hier wurden eine Kettscheranlage, Spulmaschinen und zwei Buckskin-Webstühle aufgestellt, sodass eine vollständige Weberei betrieben werden konnte. Über die Innung wurden umfangreichere Aufträge, z. B. für öffentliche Einrichtungen, bearbeitet. Darüber hinaus stellte die Wollwarenfabrikation Torlage auch Tuche (Wollstoffe) für Kleider, Mäntel und Uniformen sowie Mischgewebe für robuste Arbeitskleidung her.
Nach Auflösung der Tuchmacher-Innung arbeitete Heinrich Torlage noch einige Jahre als Lohnweber in der Werkstatt, pflegte die Maschinen auch nach seiner aktiven Berufszeit und setzte sie zeitweise für Besucher in Betrieb. Nach seinem Tod übernahm seine Ehefrau Gertrud Torlage (1919–2016) die Pflege der Werkstatt, an der auch sie keine Veränderungen vornahm. Bis heute blieb so die authentische Atmosphäre erhalten. Derzeit werden Möglichkeiten des Erhalts und einer zukünftigen Nutzung dieses für die Tuchmacherstadt Bramsche einzigartigen Zeugnisses ausgelotet.