7 Fragen an Elke Prieß

Foto: Michael Dörfler

„Weil es Stoff ist“ lautet der Titel der Ausstellung mit Arbeiten der Bremer Künstlerin Elke Prieß, die vom 15. Dezember 2018 bis zum 10. Februar 2019 im Museum gezeigt wird. Wir haben ihr Fragen zur ihren Werken und Motiven gestellt. Hier ihre Antworten:

Warum arbeiten Sie mit Textilien?

Textiles Material ist für mich ein gleichwertiges Material für die künstlerische Arbeit wie Ölfarbe oder Holz. Es kommt auf die Verarbeitung und Deutung an. Soll das Ergebnis im Alltag benutzt werden (z. B. als Kleidungsstück) oder will ich mit dem Ergebnis etwas erzählen, ausdrücken?
Ich wähle textiles Material, weil es besondere Eigenschaften hat. Es ist beweglich, biegsam, kann dreidimensional und flächig eingesetzt werden. Auch die haptische Qualität (von weich bis kratzig) gefällt mir.
Da ich fast immer gebrauchte Textilien (vom Leinenhandtuch bis zum T-Shirt) benutze, spielt auch die Geschichte des Materials eine große Rolle; selbst wenn sie nicht mehr sichtbar ist, sie wirkt mit. Es ist etwas ganz anderes, ob ich auf einem weißen Tuch arbeite oder auf einem bunten Kopftuch, das meine Mutter jahrelang getragen hat. Das Werk ist dann ein Zusammenfluss aus der Geschichte des Materials und Erfahrungen aus meinem Leben.

 

Welche Techniken verwenden Sie? Wo haben Sie diese erlernt?

So vielseitig wie das Material, sind auch meine Techniken. Ich zeichne, male, drucke, sticke, häkele und nähe. Dabei mische ich die Techniken und arbeite immer mit vielen Schichten. Sticke also auf Gedrucktem oder male auf Genähtem. Das Darunter wird dann oft verdeckt, beeinflusst aber trotzdem immer das Darüber.
Die künstlerische Techniken habe ich natürlich in den Werkstätten der Kunsthochschule gelernt und dann selbst weiter entwickelt.
Außerdem bin noch auf ein „Mädchen Gymnasium“ gegangen und habe dort alle „weiblichen“ textilen Kulturtechniken gelernt. Meine Mutter hat auch als Schneiderin gearbeitet und mir viel beigebracht. Auch heute noch probiere ich viel Neues aus, besuche viele Museen und Werkstätten. Im letzten Jahr habe ich mich bei den Fachleuten in Scheeßel mit dem traditionellen Blaudruck beschäftigt.

Was verbindet Sie mit dem Tuchmacher Museum? Wie haben Sie es kennengelernt?

Vor vielen Jahren wurde ich eingeladen, hier im Tuchmacher Museum mein Projekt „Die Schürze“ zu präsentieren. 24 meiner Kunstschürzen liefen damals hier durch die Hallen. Zwischendurch war ich immer mal wieder auf der Durchreise von Bremen Richtung Süden hier und habe gesehen, wie sich das Museum entwickelt hat. Da ich gerade in letzter Zeit wieder sehr viel mit Tuchen gearbeitet habe, habe ich mich für eine Ausstellung bei Frau Schumann beworben.
Ich stelle sehr gern an Orten aus, die nicht nur von einem engen Kreis von Kunstinteressierten besucht wird. Industrie -und Alltagskultur ist kein Gegensatz zur Kunst, sondern steht für mich in enger Verbindung. Die besondere Atmosphäre der Hallen und der arbeitenden Webstühle gefällt mir sehr.

Vermitteln Sie mit Ihren Arbeiten eine Botschaft?

Ich würde es nicht Botschaft nennen, sondern Thema. Die „Botschaft“ entsteht immer erst, wenn meine Gestaltung mit den Gedanken des Betrachters zusammen kommt. Wenn da ein Dialog entsteht, ist es gut.
Jede Arbeit hat natürlich ein Thema, auch wenn sie verschlüsselt oder abstrakt wirkt. Meine Themen haben sich im Laufe meines Lebens verändert. In meinen Dreißigern habe ich mich viel mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft beschäftigt, heute ist es z. B. mehr der Respekt vor der Natur und den Menschen. Dies kann sich dann aber im Bild sehr reduziert darstellen, z. B. in der Gegenüberstellung von ornamentalen Strukturen. Die Wirkung des Bildes entsteht aus dem Zusammenspiel von Material, Thema und Form.

Was inspiriert Sie?

Die Dinge des Alltags. So bin ich ja auch auf das textile Material gekommen. Ich gehe aufmerksam durch die Welt. Die Ästhetik eines Materials, z. B. einer Baumrinde, aber vor allem Dinge, die Menschen geschaffen haben, wie ein gedrucktes Tuch aus Isfahan im Iran regen mich an, meinen Gedanken und Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Das Material muss mit der richtigen Technik und den Ideen zur richtigen Zeit zusammen kommen. Da bin ich immer auf der Suche.

Was ist Ihr liebstes Kunstwerk?

Da gibt es viele. Gerade habe ich Werke von Sigmar Polke gesehen, der hat ja auch auf zusammen genähten Stoffen gearbeitet.

Wie verlief Ihre künstlerische Laufbahn?

Schon als Teenager wollte ich Künstlerin sein. Aber als Tochter eines sehr bodenständigen Fuhrunternehmers wurde ich erstmal Grundschullehrerin auf dem Lande. Mit 30 und drei Kindern habe ich dann noch mal freie Kunst in Bremen studiert. Das war anstrengend, aber wunderbar. Die Neigung mit Menschen zu arbeiten, ist geblieben. So schwanke ich zwischen quirligen Kunstprojekten in der Soziokultur und ruhiger Atelierarbeit und Ausstellungstätigkeit hin und her, für eine Kunstkarriere sicher nicht ideal, für mich aber genau richtig.

Ilka Thörner
05.12.2018 – 10:56 Uhr