Corona Woche 5

Textilkunst in Corona-Zeiten: Der gewaschene Stoff der Firma Sanders für die Behelfsmasken trocknet in der Kornmühle

Nachdem die Fäden der neuen Kette für den Jacquardwebstuhl letzte Woche gezwirnt wurden, konnten die Spulen nun aufgesteckt und die neue Kette geschärt werden. Mit der Herstellung der Kette werden Länge, Breite und Dichte des Gewebes sowie die Gewebebindung und das mögliche (Farb-)Muster festgelegt.
Eine Kettschäranlage besteht aus Schärgatter, Gelesewagen und Schärmaschine. Unsere Maschinen stammen aus unterschiedlichen Betrieben und wurden hier als funktionierende Kettschäranlage neu zusammengesetzt.

Schärgatter

Vom Schärgatter kommend werden die Fäden durch das Gelese gezogen und auf der Schärmaschine zunächst als schmale Bänder aufgewickelt.

Gelese

Die Länge der Bänder entspricht der späteren Kettlänge.

Schärtrommel

Alle nebeneinander auf der Schärtrommel aufgewickelten Bänder ergeben die Breite der Kette. Bei dieser Kette sind es 13 Bänder mit je 105 Fäden von 100 m Länge. Je nach Region wird das „schären“ auch „zetteln“ genannt – ein Blick auf das Schärgatter zeigt, wie schnell man sich hier „verzetteln“ kann.
Im nächsten Schritt müssen die Bänder noch von der Schärtrommel auf den Kettbaum umgewickelt werden.

Über sachkundige Unterstützung freuen wir uns immer ganz besonders. So konnte ein gebrochener Maschinenhebel, der unsere Spinnmaschine außer Betrieb gesetzt hatte, von Richard Möhlenkamp in „Nachbarschaftshilfe“ geschweißt werden. Da es keine Ersatzteile für die inzwischen 97 Jahre alte Maschine mehr gibt, war die Reparatur sehr wichtig. Was erstmal unspektakulär aussieht, erfordert Spezialkenntnisse und Erfahrung. Der von H. Möhlenkamp mitgelieferte „Operationsbericht“ verdeutlicht dies:

Zuerst wurden die beiden Bruchstücke gereinigt und entfettet.

 

Zum Schweißen danach beide Hälften fixiert und auf einer Seite an drei Stellen (orange umrandet) durch Schweißpunkte geheftet, um die genaue Position der Lagerachsen beizubehalten.

 

Um die sogenannte Wurzel beim Schweißen zu erfassen, wurde der Riss des ca. 9 mm starken Bauteils bis zur Hälfte des Materials V-förmig ausgefräst und danach mit einer Spezialelektrode im WIG-Verfahren per Hand verschweißt. Die Gegenseite wurde dann ebenfalls entsprechend ausgefräst und verschweißt. Normalerweise wird die Schweißraupe unbehandelt und sichtbar belassen. Hier jedoch war eine Nachbearbeitung erforderlich, um eventuelle größere Poren zu erkennen und dann noch beseitigen zu können.

 

Die besondere Herausforderung beim Verschweißen war die schlechte Gussqualität des Materials, welches ein hohes Maß an Verunreinigung aufweist. Daher resultieren auch die kleineren Poren, die in der Oberfläche im Nahbereich zu erkennen sind. Die zweite Schwierigkeit bestand darin, dass direkt neben der Bruchstelle eine ältere Reparaturschweißung angesiedelt war (gelb umrandet). In solchen Randbereichen sind Schweißungen besonders kritisch und dadurch manchmal bei Gussteilen nicht erfolgreich. Dies wird aber die Zeit zeigen.
Der reparierte, wieder im Selfaktor eingebaute Schalthebel.

Unser herzliches Dankeschön auch an dieser Stelle an Richard Möhlenkamp!

Am Dienstag wurde unsere Sammel- und Abgabestelle für Stoffe zur Produktion von Behelfsmasken geöffnet (weitere Informationen finden Sie hier).  Unsere Techniker waschen die Stoffe. Neben vielen Ehrenamtlichen zuhause produzieren auch unsere Mitarbeiter*innen Masken in verschiedenen Varianten.

Produktion von Behelfsmaken
Ilka Thörner
22.04.2020 – 12:56 Uhr